Demut und Arroganz in der Architektur 9
Als zweites Beispiel ist die koptisch orthodoxe Kirche zu nennen. Sie ist von U-bahn, TechGate, UNO City, Konferenzzentrum und Bürotürmen umzingelt, sodass sie ein ähnlichen Auseinandersetzung mit ihrem Umfeld führt. Einem sakralen Raum wird der Anspruch beigemessen, im Kontex seines Umraums, einen besonderen, mitunter historischen Ort zu markieren. Durch die Architektur wird unter anderem definiert, wie die Umgebung des Bauwerks zu sehen ist, wie auch Luhmann meint, ein Raum besetzt und lässt Atmosphäre entstehen. Die architektonische Atmosphäre ist somit das Sichtbar-werden der Einheit der Differenz, die den Raum konstituiert; also auch die Sichtbarkeit der Unsichtbarkeit des Raumes als ein Medium von Formbildung. Somit repräsentiert ein sakraler Raum einen Mittelpunkt eines religiös besetzten Ganzen, wie es in der Stadt Wien aus historischer Sicht üblich wäre. Diese approximierte Wahrheit verhält sich ähnlich wie ein gerahmtes Bild. Der darüber schweifende Blick auf dieses Bild zeigt, uns nur einen Ausschnitt beziehungsweise gibt diesen vor, gleichzeitig halten wir diesen für völlig ausreichend. ”Denn jeder verlangt oder verschmäht nach den Gesetzen seiner Natur notwendig das, was er für gut oder für schlecht hält” [Spinoza 1977], wie Spinoza schon im siebzehnten Jahrhundert wusste. Es wird folglich immer nur die architektonischen Lösungen geben, die von der Gesellschaft zugelassen wird. Denn sie ist es, die letzten Endes ihr Auskommen finden muss.
Gestaltung von Architektur
Ihre Anfrage zu Hyptia, Architektur, Visuelle Kultur und Kunsttransfer senden Sie bitte an: office@hyptia.eu