Die Ethik in der Architektur 2

Ebendeswegen ist dem monetaristischen Gradmessern der Ökonomie in der Weise zu begegnen, wonach der Betrachtungszeitraum so zu wählen ist, dass der Blick auf die Sichtweisen zukünftiger Generationen berücksichtigt werden kann. Denn günstig für die Gesellschaft ist nur das, was das Leben in diesen Habitaten im Gesamten günstig hält. In diesem Sinne verleiht man dem sozialen Wohnbau eine adäquate Definition und legt zugleich einen Standard fest. Folgerichtig lässt sich im Sinne Spinoza noch sagen, was zur gemeinsamen Gesellschaft der Menschen führt oder was bewirkt, dass die Menschen in Eintracht leben, ist nützlich, dagegen ist das schlecht, was Zwietracht in den Staat bringt. Demgemäß stellt sich die Frage, ob die Gesellschaft überhaupt die entsprechenden Mittel hat, diese gesellschaftspolitischen Entscheidungen zu beeinflussen. Denn dieser Ansatzpunkt stellt den modernistischen Formenkanon auf eine demokratische Verhandlungsbasis, die ihrerseits mit der Gegebenheit, dass Menschen für Menschen etwas neu erschaffen, eng verwoben ist. Dieses Schaffen sollte immer in der Reflexion der ethischen Verantwortung stattfinden. Im Idealfall ohne Einflussnahme aus Politik und Ökonomie. Einschränkend ist in Bezug auf demokratische Entscheidungen zu beachten, dass diese nieabgeschlossen werden können. Dies begründet sich in der Unmöglichkeit der Einholbarkeit aller Ansichten und Meinungen. Die Demokratie ist die Herrschaft des Volkes bzw. einer zivilen Gemeinschaft. Wer dieser Gemeinschaft angehört muss stets repetitiv gefragt werden. Eben deshalb lässt sich die Gesellschaft nie eindeutig und ewig bestimmen, sondern ist immer einem Prozess der Entwicklung ausgesetzt. Wäre dies nicht der Fall, dann hätten wir ein totalitäres System. Die Demokratie muss sich durch die Offenheit ihres Systems bestimmen. Wie auch Jaques Derrida meint, dass eine wahrhaft demokratische Entscheidung immer offen ist; eine Absolute ist immer totalitär. Entsprechend dieser Quintessenz ist die Architektur als solche nie demokratisch, da es ihr Wesen auch nicht zulässt. Folglich wird die Frage wichtig, unter welchen Voraussetzungen die Entscheidung über neu zu schaffende Strukturen getroffen wird. Bleiben wir zunächst bei dem Zusammenhang zwischen Architektur und ihrer Resonanz. Denn genau diese wird sich nur dann entwickeln lassen, wenn sich das Erdachte mit dem nötigen Pathos vereint. Denn nur durch das Entwickeln eines „Con sentimento”, wird diese Inhärenz vom Erdachten zum Gebauten entstehen. Der Profit für die Gesellschaft ist in der Architektur mit ihrem Bemühen, die Zukunft zu gestalten verankert. Demnach ist es der Architektur vorbehalten, gesellschaftliche Ausblicke für die in ihr lebenden Menschen zu schaffen. Als solche besticht sie mit ihrer Fähigkeit, Identität stiften zu können. Ergo, sie gibt den Menschen Orientierung. Diese Anhaltspunkte sind in einer inflationären informationstechnologischen und globalisierten Welt immer wichtiger.Wie auch die Soziologen Rudolf Maresch und Max Werber der Meinung sind, dass der neue Wille zum Raum gewiss mit jenem Konkurrenz- und Differenzierungsdruck zu tun hat, den globale Verflechtungen und Digitalisierungen auf Kulturen, Nationen und Gemeinschaften ausüben. Je mehr Freihandel, offene Märkte und globale Netzwerke traditionelle Schranken, Grenzen und Territorien zu neutralisieren scheinen, desto mehr beginnen Personen, Gruppen und Völker sich wieder für das Lokale, Vertraute und Nachbarschaftliche zu interessieren. Wobei zu bedenken ist, dass die interessanteste Eigenschaft eines raumbezogenen Denkens in der eigentümlichen Fähigkeit liegt, konkrete Bestimmungen mit Kontingenz zu kombinieren, welche im Übergang zu komplexeren Formen der Gesellschaft verloren gegangen sind. Zu den oft paradox erscheinenden Lösungen ist im Sinne Luhmanns zu sagen, dass Paradoxien nichts anderes sind als die Darstellung der Welt in der Form der Selbstblockierung des Beobachtens[vgl. Luhmann: Seite 191]; oder wie Derrida immer wieder betont hat, ist die philosophische Tradition dadurch in Widerspruch zu sich selbst geraten, weil sie Schrift als etwas äußerliches behandelt, obwohl sie selbst nur als Schrift existieren konnte.